Wahnhafte Störung
Was ist eine wahnhafte Störung – Definition
Eine wahnhafte Störung ist eine psychische Erkrankung. Sie ist durch anhaltende, oft thematisch begrenzte Wahninhalte charakterisiert, ohne dass weitere Symptome einer Psychose, wie Halluzinationen, desorganisierte Sprache oder desorganisiertes Verhalten, auftreten müssen. Als Wahn wird eine Fehlbeurteilung der Realität bezeichnet – es sind Überzeugungen, die nicht auf realen Ereignissen basieren, allerdings von Betroffenen unkorrigierbar als wahr und real empfunden werden. Diese Überzeugungen sind sehr fest verankert und bleiben auch bei Konfrontation mit gegenteiligen Beweisen oder Realitäten unerschütterlich.
Es ist wichtig, die Wahninhalte in den kulturellen Kontext einzuordnen (transkulturelle Komponente). Schließlich können Überzeugungen, die in einem Kulturkreis von den meisten Menschen als unangemessen oder realitätsfern empfunden werden, in einem anderen Kulturkreis gängiger Teil religiöser oder kultureller Wertvorstellungen sein.
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Ursachen & Symptome
Ursachen & Auslöser der wahnhaften StörungDie genauen Ursachen der wahnhaften Störung sind bis heute nicht vollständig geklärt, aber es wird angenommen, dass eine Kombination aus biologischen, psychologischen und umweltbedingten Faktoren beteiligt ist. Folgende sind einige der Hauptaspekte, die als potenzielle Ursachen für eine wahnhafte Störung betrachtet werden:
- Genetische Faktoren: Eine genetische Prädisposition (Anlage) könnte eine gewisse Rolle spielen. Allerdings gilt hier, wie für alle psychiatrischen Krankheitsbilder, dass es keine eindeutigen genetischen Befunde oder gar einzelne identifizierbare Gene gibt, sondern höchstens ein komplexes Zusammenspiel verschiedener genetischer und epigenetischer Faktoren existiert.
- Biologische Faktoren: Störungen in bestimmten Bereichen des Gehirns, insbesondere in den Regionen, die für die Wahrnehmung und das Denken zuständig sind, werden mit Wahnphänomenen assoziiert. Eine Beteiligung des Neurotransmitters Dopamin wird diskutiert.
- Psychologische Faktoren: Persönlichkeitsmerkmale wie Misstrauen oder eine Neigung zu schnellen Schlussfolgerungen könnten bei der Entwicklung wahnhafter Störungen eine Rolle spielen. Einige Theorien weisen auch darauf hin, dass Wahngedanken als Abwehrmechanismus oder als Bewältigungsstrategie für großen Stress beziehungsweise schwerwiegende psychische Traumata dienen können.
- Substanzmissbrauch: Der Gebrauch oder Missbrauch von Substanzen wie Alkohol, Drogen oder bestimmten Medikamenten sowie deren Entzug können das Risiko einer wahnhaften Störung ebenfalls erhöhen.
- Hirnorganische Veränderungen: Geht der Wahn auf fassbare hirnorganische Veränderungen zurück (Schlaganfall, Tumor), wird nicht von einer wahnhaften Störung gesprochen, sondern von einer organisch bedingten wahnhaften Störung.
Besonders stressreiche Lebensereignisse, wie Traumata, Verlust einer/eines Angehörigen oder extreme soziale Isolation, kommen als Auslöser für die Entwicklung einer wahnhaften Störung infrage. Diese Faktoren können bestehende Anfälligkeiten verstärken oder bei prädisponierten Individuen den Beginn der Störung auslösen.
Schließlich kann bereits ein gewöhnliches Ereignis, etwa eine Beleidigung durch eine Person oder auch nur ein falscher (falsch interpretierter) Blick, den Anstoß für die Entstehung eines Wahngedankens geben. Betroffene Menschen neigen dann dazu, sich von ihrer Umgebung zurückzuziehen und sich zu isolieren. Dies führt dazu, dass sie keine Gelegenheit haben, ihre Überzeugungen und Emotionen mit der objektiven Realität abzugleichen, und sich in ihren eigenen Überzeugungen Wahnvorstellungen bilden.
Zu den bekanntesten Arten von Wahn gehören Verfolgungs-, Eifersuchts- und Größenwahn. Der Wahninhalt kann bizarr oder nicht bizarr sein: Nicht bizarre Wahnvorstellungen sind solche, die in der Realität vorkommen könnten (zum Beispiel die Überzeugung, betrogen oder verfolgt zu werden), während bizarre Wahnvorstellungen unrealistische oder unmögliche Szenarien beinhalten.
Häufige Wahninhalte sind folgende:
- Verfolgungswahn (paranoider Wahn): Die Betroffenen glauben, dass sie verfolgt, betrogen, hintergangen, bespitzelt, belästigt oder verschworen werden.
- Liebeswahn (Erotomanie): Hier sind die Betroffenen fest von der Liebe zu einer anderen, oft fremden Person überzeugt – häufig zu einer höhergestellten oder prominenten Persönlichkeit. Diese Überzeugung kann zu unangebrachten Annäherungsversuchen und Stalking-Verhalten führen.
- Größenwahn: Personen mit dieser Form der wahnhaften Störung haben die Überzeugung, über außergewöhnliche Talente, Erkenntnisse oder eine besondere Bedeutung zu verfügen. Sie können auch glauben, eine wichtige historische Figur zu sein oder eine bedeutende Mission zu haben.
- Eifersuchtswahn: Diese Variante ist durch die unbegründete Überzeugung gekennzeichnet, dass die Partnerin beziehungsweise der Partner untreu ist. Diese Überzeugung wird oft durch geringfügige Beweise unterstützt und kann zu wiederholten Konflikten in der Beziehung führen.
- Somatischer Wahn: Hierbei glauben die Betroffenen, dass sie an einer körperlichen Erkrankung, einer Missbildung oder einem Parasitenbefall leiden.
- Gemischter Typ: Personen mit dieser Art der wahnhaften Störung haben Wahnvorstellungen verschiedener Art, ohne dass ein einzelner Typ vorherrscht.
Nicht spezifizierter Typ (unspezifische wahnhafte Störung): Diese Kategorie wird für wahnhaftes Verhalten verwendet, das nicht den spezifischen Kategorien entspricht oder eine Mischung aus verschiedenen Wahninhalten ohne einen vorherrschenden Typ umfasst.
Diese psychotische Störung entwickelt sich häufig allmählich, oft aus einer paranoiden Grundpersönlichkeit heraus, wobei sich Misstrauen und Sensibilität verstärken. Es ist schwierig, festzustellen, ab wann diese Persönlichkeitsmerkmale als psychische Erkrankung gelten – meist dann, wenn eine deutlich gestörte und unkorrigierbare Realitätswahrnehmung erkennbar wird und diese im Alltag handlungsrelevant wird.
Betroffene wirken oft skeptisch und eigensinnig, leben nach ihren eigenen Regeln. Ohne Konfrontation mit ihrem Wahn können sie anspruchsvolle berufliche Aufgaben bewältigen und zeigen großes Engagement für ihre Projekte. Sozial neigen sie zur Isolation, was zu beruflichen und sozialen Problemen – vor allem durch misstrauisches Verhalten – führen kann.
Intensität und Häufigkeit der Wahngedanken können im Laufe der Zeit variieren. Manche Betroffene erleben Phasen, in denen ihre Symptome weniger ausgeprägt sind, gefolgt von Perioden, in denen die Wahnvorstellungen intensiver werden.
Personen mit wahnhafter Störung suchen oft keine medizinische Hilfe oder keine Ansprechperson, da ihnen die Abweichung ihrer Gedanken von der allgemeinen Wahrnehmung nicht bewusst ist. Meist sind es andere Menschen – Angehörige oder berufliche Kontakte –, die psychiatrische Unterstützung initiieren.
Diagnostik
Die Diagnose einer wahnhaften Störung stellt eine Herausforderung dar, insbesondere, wenn der Wahn isoliert und ohne andere psychotische Symptome auftritt. Um eine solche Störung zu diagnostizieren, sind mehrere Schlüsselkriterien zu berücksichtigen:
- Zunächst muss der Wahn konstant und isoliert über einen Zeitraum von drei Monaten vorhanden sein. Dabei beziehen sich die Wahnvorstellungen auf realistische Szenarien, wie die Überzeugung, verfolgt, betrogen oder geliebt zu werden. Wichtig ist, dass diese Wahnphänomene deutlich von den gewöhnlichen Überzeugungen und Erfahrungen abweichen.
- Ein weiteres wesentliches Kriterium ist, dass keine anderen Hauptmerkmale einer Schizophrenie / schizophrenen Psychose, wie Halluzinationen oder stark desorganisiertes Verhalten, und auch keine bipolare Störung vorliegen dürfen. Zudem sollten die Wahnvorstellungen nicht durch den aktuellen Einfluss von Substanzen wie Drogen, Alkohol oder Medikamenten erklärt werden können. Ebenso ist es wichtig, körperliche Erkrankungen als Ursache auszuschließen.
- Im Hinblick auf die allgemeine Funktionsfähigkeit der betroffenen Person ist zu beachten, dass diese durch die wahnhaften Überzeugungen in der Regel nicht wesentlich beeinträchtigt wird. Die Betroffenen sind in der Lage, klar und logisch zu argumentieren, und zeigen keine Anzeichen einer Intelligenzminderung.
Da die Grenzen zwischen normalen Überzeugungen und Wahngedanken oft fließend sind, beginnt die Diagnosestellung üblicherweise mit einer Anamnese, also einer gründlichen Befragung zum aktuellen Befinden und zur Vorgeschichte der Störung. Im weiteren Verlauf wird die Diagnose einer wahnhaften Störung durch Fachpersonal im Bereich der Psychotherapie oder der Psychiatrie gestellt, wobei der Fokus auf den spezifischen, anhaltenden Wahnvorstellungen der Patientinnen und Patienten liegt. Organische Erkrankungen sollten über entsprechende Untersuchungen (zum Beispiel Laboruntersuchungen und Bildgebung des Gehirns) ausgeschlossen werden.