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Hereditäre motorisch-sensorische Neuropathie (HMSN)

Die funktionellen Fähigkeiten Ihres Kindes bestmöglich erhalten

Die erbliche (hereditäre) motorisch-sensorische Neuropathie ist eine Gruppe genetisch bedingter Erkrankungen der peripheren Nerven, die langsam fortschreitend zugrunde gehen (degenerieren). Die auch Charcot-Marie-Tooth-Syndrom (CMT) genannte Erkrankung ist durch eine zunehmende Muskelschwäche gekennzeichnet, die – beginnend bei den Füßen – zu Muskelschwund (Atrophie) und Bewegungseinschränkungen der Extremitäten führt. Im Verlauf der Krankheit nimmt die Geh- und Bewegungsfähigkeit in individuell unterschiedlich starkem Ausmaß weiter ab.

Unsere erfahrenen Spezialisten der Kinderneurologie und -orthopädie in den Schön Kliniken helfen Ihrem Kind, Muskelkraft und Beweglichkeit möglichst lange zu erhalten, funktionelle Fähigkeiten zu verbessern und Folgebeschwerden vorzubeugen.

Ursachen & Symptome

Die Ursachen der HMSN
Die Erkrankung ist in erster Linie vererbbar, kann jedoch auch durch spontane Genmutation entstehen. Sie betrifft sowohl Nerven, die Muskelbewegungen (motorische Fähigkeiten) kontrollieren, als auch Nerven, die von den Sinnesorganen ausgehende (sensorische) Informationen an das Gehirn übermitteln. Dabei kann die Nervenfaser (Axon), die Signale weiterleitet, und/oder der sie umgebende Mantel (Myelinschicht), der die rasche Übermittlung von Nervenimpulsen ermöglicht, beschädigt sein. Die meisten Formen werden unabhängig vom Geschlecht (autosomal-dominant), einige geschlechtsabhängig (rezessiv-dominant) und manche geschlechts-(X)-gebunden vererbt. In der Hälfte der Fälle ist eine Doppelung (Duplikation) des Gens PMP22 (CMT1A) die Ursache für die Erkrankung.
Die Symptome der HMSN
Typische Symptome der HMSN sind Muskelschwäche beziehungsweise Lähmungen (Paresen) in den Extremitäten und Muskelschwund (Atrophie), meist beginnend in Fuß und Unterschenkel. Bereits im Kindesalter können verschiedene Fehlstellungen auftreten, darunter:
  • Hohlfuß, Spitzfuß, Hammerzehe
  • Fehlstellung des Fersenbeins
  • die sogenannte Fußheberschwäche (Fallfuß), die ein Anheben des vorderen Fußes erschwert.
Die Unterschenkel verlieren aufgrund des Muskelabbaus an Masse und es kommt zu sogenannten Storchenbeinen. Auch die oberen Extremitäten können betroffen sein, insbesondere die kleinen Handmuskeln. Aufgrund zahlreicher beteiligter Nerven können Empfindungs- sowie Durchblutungsstörungen (sensorische, autonome, vegetative Störungen) auftreten. Die individuelle Ausprägung der Erkrankung und ihr Verlauf hängen von verschiedenen Faktoren ab.

Kategorien der HMSN
Demyelinisierende/hypertrophe HMSN: Die Myelinscheide rund um die Nervenfaser (Axon) wird geschädigt oder zerstört, sodass Nervenimpulse nur verlangsamt in den Muskeln ankommen und zu einer Schwächung und schließlich zum Abbau der Muskelzellen führt.

Axonale/neuronale HMSN: Die Nervenfaser (der die Signale weiterleitende Teil der Nervenzellen) ist betroffen und stirbt vollständig ab. Andere Nerven versuchen, die Aufgabe der abgestorbenen Nervenfasern zu übernehmen, wobei nicht alle Impulse in die Muskeln gelangen und Muskelzellen geschwächt und abgebaut werden.

Formen der HMSN/CMT (Klassifikation der Hauptformen nach Dyck und Lambert)
Die HMSN sind die am häufigsten auftretenden erblichen neurologischen Erkrankungen, die in unterschiedlichen Ausprägungen bereits 1886 von Jean-Martin Charcot, Pierre Marie und Howard Tooth (daher auch Charcot-Marie-Tooth-Erkrankung) sowie 1893 von Déjérine und Sottas beschrieben wurden.

Typ 1 (HMSN1/CMT1): Die demyelinisierende und häufigste Form entwickelt sich bis zum 35. Lebensjahr und ist durch einen meist langsamen und gutartigen Verlauf gekennzeichnet, der zu teilweise deutlichen Einschränkungen führt, die jedoch nur selten einen Rollstuhl erforderlich machen.
Typ 2 (HMSN2/CMT2): Die axonale Form ähnelt Typ 1, wobei das Erkrankungsalter höher liegt und sie durch einen noch langsameren Verlauf sowie mögliche Zusatzsymptome gekennzeichnet ist.
Typ 3 (Déjérine-Sottas-Krankheit): Die demyelinisierende und seltene Form entwickelt sich bereits in den ersten zehn Lebensjahren und schreitet rasch voran. Sie ist oft mit einer verzögerten motorischen Entwicklung verbunden. Lähmungen der Extremitäten und ein allgemeiner Reflexverlust sowie ausgeprägte Empfindungsstörungen sind typisch, ebenso Pupillenstörungen und Skelettveränderungen. Häufig treten schmerzhafte Missempfindungen auf. Möglich sind wiederkehrende (rezidivierende) Verläufe. Die neurologischen Beschwerden und Skelettveränderungen führen in vielen Fällen zu Gehverlust und später auch Arbeitsunfähigkeit.
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Hereditäre Neuropathie mit Neigung zu Druckläsionen (HNPP): Die seltene Form kann klinisch der HMSN1 nahezu gleichen und beginnt im frühen Erwachsenenalter, meist nach dem 20. Lebensjahr. Sie ist durch eine erhöhte wiederkehrende (rezidivierende) Empfindlichkeit der peripheren Nerven gegenüber minimalem Druck, beispielsweise durch längere knieende Haltung, gekennzeichnet. Taubheitsgefühl und Schwäche sind die Folgen, die sich häufig innerhalb weniger Tage bis Wochen wieder vollständig zurückbilden.

Anmerkung: Die spinale Form, auch bezeichnet als distale hereditäre motorische Neuropathie (dHMN) oder als distale spinale Muskelatrophie (dSMA), betrifft nicht periphere Nerven, sondern bestimmte Nervenzellen des Zentralen Nervensystems (ZNS) im Rückenmark und teilweise im Hirnstamm.

Diagnostik

HMSN/CMT: So stellen wir die Diagnose
Die Diagnose stellen unsere erfahrenen Spezialisten nach eingehender körperlicher und neurologischer Untersuchung Ihres Kindes. Erste sichtbare Anzeichen für die Erkrankung können Fußfehlbildungen wie Hohlfuß oder Hammerzeh sein. Zudem erfragen wir Erkrankungen beziehungsweise ähnliche Symptome bei Familienmitgliedern (Familienanamnese), die uns wertvolle Hinweise auf ein mögliches vererbtes Risiko liefern können. Im Rahmen der neurologischen Untersuchung überprüfen wir Reflexe, Empfindung und Motorik Ihres Kindes, um die betroffenen Muskeln oder Muskelgruppen einzugrenzen. Um Entzündungen auszuschließen oder im Fall untypischer Verläufe kann eine Nervenbiopsie sinnvoll sein, für die wir einen kleinen Hautnerv an der Außenseite des Unterschenkels (Nervus suralis) entnehmen. Bei begründetem Verdacht auf einen Typ 1 der HMSN können wir mithilfe einer kleinen Blutprobe eine molekulargenetische Untersuchung durchführen. Hierzu bieten wir Ihnen auch eine ausgiebige Beratung an. Weitere Aufschlüsse liefern uns ein Muskelfunktionstest (Elektromyogramm, EMG) sowie die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit bei Ihrem Kind.
Bildgebende Diagnoseverfahren
Elektromyogramm
Der Muskelfunktionstest (EMG) dient dazu, festzustellen, ob es sich bei Ihrem Kind um einen nervlich bedingten Muskelschwund (Muskelatrophie) oder eine Erkrankung handelt, die vom Muskel selbst ausgeht (Myopathie oder Muskeldystrophie). Dafür stehen zwei Verfahren zur Verfügung: das Oberflächen-EMG, bei dem wir die Messung über Elektroden vornehmen, die wir an der Hautoberfläche Ihres Kindes anbringen, oder das Nadel-EMG zur detaillierten Beurteilung auch tiefer liegender Muskeln, bei dem wir eine Nadelelektrode direkt in den Muskel einführen.

Elektroneurografie
Den Funktionszustand der peripheren Nerven können wir mithilfe der Elektroneurografie (ENG) untersuchen. Dabei ist die Messung von Nervenfasern möglich, die Muskeln versorgen (motorische Nervenleitgeschwindigkeit), sowie von Nervenfasern, die für die Empfindung zuständig sind (sensible Nervenleitgeschwindigkeit). Die Nervenleitgeschwindigkeit hilft uns dabei, zwischen axonaler und demyelinisierender Form der HMSN zu unterscheiden.